Dalai Lama, Leonardo da Vinci, Victor Hugo
Was haben Leonardo da Vinci, Victor Hugo und der Dalai Lama gemeinsam?
Nun, sie teilen eine Schwäche, Prokrastination, das Aufschieben, das späte Erledigen von Aufgaben. Alle waren bzw. sind bekannt dafür, dass sie Aufgaben lieber auf die lange Bank schieben als sie zügig zu erledigen.
Aufgaben wie Blei
Wer kennt das nicht? Manche Aufgaben sind wie Blei. Wir schieben sie seit langem vor uns her. Sie erzeugen ein schlechtes Gewissen, werden verdrängt, nagen dann aber immer wieder an unserem Bewusstsein und kommen zu den unpassendsten Momenten wieder zum Vorschein.
Hier einige Beispiele von Teilnehmern unserer Seminare:
- Impftermin Röteln für die Tochter ausmachen
- Rücklichtbirne am Auto wechseln
- Fleck im Wohnzimmerteppich beseitigen
- Akkus die Computermaus bestellen
- eine liegengebliebene Mail Schröder beantworten
- einen defekten Schuh zum Schuhmacher bringen
Jeder hat sicher solche lästigen Aufgaben, die aber große negative Wirkung auf unsere Produktivität haben können.
Motivationseinschub: zur Produktivität sieben (englische) motivierende Zitate von wichtigen Denkern.
Impftermin Röteln
In einem unserer Fortbildungen Zeitmanagement für Schulleitungen berichtete eine Schulleiterin, dass sie seit Monaten ein schlechtes Gewissen plage, da sie für ihre jugendliche Tochter noch immer keinen Termin zur Rötelimpfung ausgemacht habe, obwohl sie wisse, wie wichtig diese ist.
Ihr persönliches Aufgabenmanagement habe ihr bisher nicht geholfen, diese Aufgabe zu erledigen, vielmehr habe sie angesichts der Vielfalt und Komplexität ihrer beruflichen und privaten Aufgaben sie immer wieder vor sich hergeschoben.
An dieser Stelle soll eine ausgesprochen einfache, aber enorm wirksame Regel des Zeitmanagements beschrieben werden.
Goldene Regel des GTD-Zeitmanagements: 2-Minuten-Regel
Die wohl einflussreichste Konzeption des modernen Zeitmanagements stammt von David Allen. In seinem Buch Wie ich Dinge geregelt kriege - Selbstmanagement für den Alltag1 beschreibt er ausführlich die Getting-Things-Done-Methode (GTD).
Hier sei ein Pfeiler dieser Methode herausgegriffen, der eigentlich selbstverständlich klingt, häufig aber nicht beachtet wird. In der Einfachheit der Richtlinie liegt ihre Stärke. Es ist die 2-Minuten-Regel.
Angenommen Sie sitzen vor der Liste Ihrer Aufgaben des heutigen Tages, so beginnen Sie ganz oben mit der ersten. Sie überlegen, was als erster Schritt zu tun ist. Hier rät David Allen:
„Kann der nächste Schritt in zwei Minuten oder schneller erledigt werden, führen Sie ihn aus“. 2
Auch wenn die Aufgabe keine hohe Priorität für Sie hat, erledigen Sie diese - wenn dies voraussichtlich nicht länger als zwei Minuten dauern wird - sofort.
Warum?
Allen sagt, dass es meist sehr viel mehr Zeit kosten wird, die Aufgabe nicht zu bearbeiten, denn es setzt dann folgender Gedankenprozess an:
- Was soll ich mit der Aufgabe nun machen?
- Wie führe ich sie in mein eigenes Produktivitätssystem zurück?
- Muss ich sie erneut terminieren?
- Lohnt sich das überhaupt?
- Soll ich sie ganz streichen?
- etc.
Das alles kostet für eine einzige kleine Aufgabe viel Zeit, die oft länger als zwei Minuten dauert und die dann trotzdem nicht erledigt wird.
Nehmen wir einmal die obigen Beispiele. So könnte das in der Konsequenz bedeuten:
- Röteltermin: die Aufgabe Röteltermin wird wieder in eine andere Liste spätere Aufgaben oder zu einem anderen Termin im Kalender eingetragen oder …
- Rücklichtbirne: Sie fahren weiter mit einer defekten Birne, überlegen, in welche Liste sie dies eintragen sollen oder …
- Teppichfleck: Nach einigem Überlegen tragen sie die Aufgabe in die Liste Irgendwann ein oder…
- Akkus: Sie warten bis die Maus nicht mehr funktioniert, müssen dann aber überlegen, wie Sie nun vorgehen oder …
- Mail Schröder: Sie leiten die Mail in Archiv weiter, dort bleibt sie liegen oder …
- Schuh: Sie legen die defekten Schuhe in das Schuhregal weit nach hinten, nehmen sich aber vor, nächsten Monat den Schuhmacher aufzusuchen oder …
Wende ich aber die Regel unmittelbar an, so verschafft sie oft ein befreiendes Gefühl, etwas sofort erledigt zu haben, so dass es später nicht mehr als das eingangs beschriebene störende „Nagen“ am Bewusstsein erscheint.
2-Minuten-Regel in der Praxis
Die Erfahrungen, die viele Menschen mit der 2-Minuten-Regel gemacht haben, sind erstaunlich positiv, obwohl sie sich zunächst sehr simpel anhört. Allen spricht von einer dramatischen Verbesserung ihrer persönlichen Produktivität, von der viele Menschen dann immer wieder berichten.
In dem oben genannten Beispiel der Rötelimpfung wurde die Schulleiterin dann gefragt, was der nächste (physikalische) Schritt für diese Aufgabe ist. Nach kurzem Nachdenken gab sie die Antwort:
Telefonhörer sofort in die Hand nehmen und das Gesundheitsamt anrufen (andernfalls zunächst die Nummer heraussuchen) und nach einem Termin fragen, diesen in den Kalender eintragen. Erledigt.
Analog geht man bei den anderen Beispielen vor:
- Rücklichtbirne - nächster Schritt: Automodell und Rücklichtbirne googlen, Birne bestellen - 2-Minuten-Regel angewendet
- Teppichfleck - nächster Schritt: Fleckentferner aus der Abstellkammer holen und Fleck entfernen - 2-Minuten-Regel angewendet
- Akkus - Akkus bei Amazon bestellen, Liefertermin morgen - 2-Minuten-Regel angewendet
- Mail Schröder: Herr Schröder bittet um rechtliche Auskunft wegen einer Klausur. Das bedarf einer Erlassprüfung und wird länger in Anspruch nehmen. Außerdem sind wohl mehrere Schritte notwendig, mithin ist dies ein Projekt und wird entsprechend in der Aufgabenliste festgehalten und terminiert - 2-Minuten-Regel nicht möglich
- Schuh - Sie stecken die Schuhe in Ihre Aktentasche und werden sie heute beim Schuhmacher abgeben - 2-Minuten-Regel angewendet
Sie können dieses Vorgehen in ihr tägliches Aufgabenmanagement einbauen oder aber in eine Wochenkontrolle (Weekly Review). So stellen Sie sicher, dass die Aufgabenliste deutlich entlastet wird und Sie zudem anstehende Dinge effektiv erledigt haben.
2-Minuten-Regel für ein neues Projekt
Die genannte Regel eignet sich aber - und dies geht über Allens Ansatz hinaus - auch für den wirkungsvollen Start eines neuen Projekts, die man sich vornimmt.
Oft ist es mühsam, ein neues Projekt auch tatsächlich zu beginnen, damit es nicht bloß beim Vorsatz bleibt.
Auch dies soll an einigen Beispielen verdeutlicht werden.
Projekt: Die letzten fünf Jahre unserer Schule
Sie möchten einen Rückblick der Entwicklung Ihrer Schule in den letzten fünf Jahren verfassen, damit dieser dann auf der Homepage Ihrer Schule veröffentlicht wird. Dies kann leicht zu einem Projekt werden, das man lange vor sich herschiebt und möglicherweise gar nicht erst beginnt.
Nach der 2-Minuten-Regel nehmen Sie sich in einer ruhigen Stunde ein leeres Blatt Papier und beginnen, einen ersten Satz zu schreiben. Oft ist dies dann der Auftakt zu einem längeren Schreiben, da Sie schon etwas begonnen haben und es weiterbringen wollen.
Projekt: Gesünder essen
Sie haben das Gefühl, sich in der letzten Zeit ungesund zu ernähren. Oft bleibt es dann beim Vorsitz, wirklich etwas bei den Essensgewohnheiten zu unternehmen.
Nach der 2-Minuten-Regel gehen Sie in die Küche und machen sich einen gesunden Salat als Startpunkt. Das führt Sie dazu, sich aus dem Internet weitere Rezepte zu besorgen und am nächsten Tag entsprechend fortzufahren.
Projekt: Wieder regelmäßig schöne Literatur lesen
Sie haben das Gefühl, angesichts der Fülle Ihrer Aufgaben als Schulleiterin nicht mehr zum Lesen fiktionaler Literatur zu kommen. Schön wäre das, aber wann?
Nach der 2-Minuten-Regel nehmen Sie den Roman, der sie schon lange reizt und lesen nur die erste Seite. Oft vertieft man sich dann schon in das erste Kapitel, das zweite…
Projekt: Dreimal in der Woche 20 Minuten joggen
Sie nehmen sich vor, Montag, Mittwoch und Freitag regelmäßig laufen, aber vieles hält sie ab: das Wetter, die Unruhe, noch wichtige Dinge erledigen zu müssen und manches andere.
Nach der 2-Minuten-Regel holen Sie sofort die Laufschuhe, ziehen sie an, öffnen die Tür und laufen los.
Fazit
Die 2-Minuten-Regel ist ein verblüffend einfaches, aber hochwirksames Instrument, um Aufgaben sofort zu erledigen. Sie kann auch dazu verwendet werden, sofort in ein Projekt einzusteigen.
Probieren Sie es einfach aus!
Anmerkungen
1 David Allen, Wie ich Dinge geregelt kriege - Selbstmanagement für den Alltag. Piper Verlag 2015.
2 Ibid., S. 201.
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