Die Einschätzung des Wertes von Fachkonferenzen durch Lehrkräfte geht von Motor der Schulentwicklung bis Zeitverschwendung. In diesem Beitrag soll die hohe Bedeutung der Fachkonferenzen hervorgehoben werden.
Einleitung
Prof. Hans-Günter Rolff, Gründer des Instituts für Schulentwicklungsforschung (IFS), mittlerweile emeritiert, weist den Fachkonferenzen an Schulen eine prominente Rolle bei der Unterrichtsentwicklung zu:
Sie stellen so etwas dar wie schlafende Riesen der Unterrichtsentwicklung. Sie schlafen, weil sie normalerweise nur einmal pro Schuljahr tagen und dann nur die nötigsten Organisationsfragen klären, und sie sind Riesen, weil sie über ein großes Potential zur Unterrichtsverbesserung verfügen.
(H.-G. Rolff: Konfluente Leitung – Führung aufteilen und Co-Management praktizieren. In: Schulleitung und Schulentwicklung. Juni 2006)
Geballter Sachverstand
Immerhin sitzt in jeder Fachkonferenz geballter Sachverstand. Die Lehrerinnen und Lehrer mit der Fakultas des Faches sowie Lehrkräfte, die es fachfremd unterrichten verfügen über eine breite didaktisch-methodische Erfahrungspalette. Sie kennen den Fachunterricht vor Ort und können fundiert Auskunft geben zu Fragen wie:
- Was läuft gut im Fachunterricht an dieser Schule, was schlecht?
- Wie ist der Ruf unseres Faches bei Eltern und Schülern?
- Ist unser schulinterner Lehrplan sinnvoll?
- Welche Unterrichtseinheiten haben sich bewährt?
- Hat sich das eingeführte Lehrbuch als hilfreich oder kontraproduktiv erwiesen?
- Welche Klassenarbeiten und Klausuren eignen sich für die Lerngruppen der jeweiligen Stufe?
- Welche modernen Medien unterstützen effektiv den Lernprozess im Fachunterricht, welche haben sich nicht bewährt?
All dies sind Fragen, die mit Unterrichtsqualität zu tun haben. Und hierzu ist intensive Expertendiskussion und Expertenkontroverse gefragt.
Weiterhin sitzen in der Fachkonferenz (wenn denn anwesend) die Abnehmer, also Schülerinnen und Schüler, die durchaus wichtiges Feedback geben können. Man unterschätze nicht die Analysefähigkeiten der Lernenden hinsichtlich des ihnen erteilen Unterrichts.
Schließlich sind auch Eltern vertreten, die ihre Beobachtungen zum jeweiligen Fachunterricht aus der Perspektive der Erziehungsberechtigen beisteuern können.
Alles in allem tritt also ein Gremium zusammen, das ein breites Spektrum an Einschätzungen und Ideen für die Unterrichtsentwicklung beisteuern kann. Das sollte genutzt werden.
Aber es braucht auch gute Vorbereitung durch die Leitung der Fachkonferenz, kompetente Organisation und Durchführung der Sitzungen sowie effektive Umsetzung der gefassten Beschlüsse – keine leichten Aufgaben.
Rechtliches Fundament
Der Gesetzgeber hat in Nordrhein-Westfalen im Schulgesetz (§ 70) den Fachkonferenzen erhebliche Befugnisse zugebilligt:
- Die Fachkonferenz berät über alle das Fach oder die Fachrichtung betreffenden Angelegenheiten einschließlich der Zusammenarbeit mit anderen Fächern.
- Sie trägt Verantwortung für die schulinterne Qualitätssicherung und -entwicklung der fachlichen Arbeit.
- Sie berät über Ziele, Arbeitspläne, Evaluationsmaßnahmen und -ergebnisse und Rechenschaftslegung.
Damit hat die Fachkonferenz einen erheblichen Verantwortungs- und Gestaltungsspielraum im Rahmen der Unterrichtsentwicklung. Sie ist zuständig für alle fachdidaktischen und fachmethodischen Fragen sowie die Kooperation mit anderen Fächern.
Ihr wird zudem die Verantwortung für das Qualitätsmanagement im jeweiligen Fachbereich übertragen, und sie berät über wichtige Teilbereiche wie etwa Evaluation.
Als wäre das noch nicht genug, wird ihr zudem Entscheidungskompetenz zugewiesen. So heißt es weiter im Schulgesetz:
Die Fachkonferenz entscheidet in ihrem Fach insbesondere über
- Grundsätze zur fachmethodischen und fachdidaktischen Arbeit,
- Grundsätze zur Leistungsbewertung,
- Vorschläge an die Lehrerkonferenz zur Einführung von Lernmitteln.
Wirft man einen Blick auf die Diskussion der Schulentwicklung sowie der Schulpraxis in den letzten Jahrzehnten, so lässt sich eine erhebliche Bedeutungszunahme von Fachkonferenzen feststellen. Das zeigen sowohl die einschlägigen Erlasse sowie die entsprechenden Aussagen der Bezirksregierungen. Beispielsweise wird Notenwidersprüchen von Eltern- oder Schülerseite, wenn sie zur Bezirksregierung gehen, grundsätzlich stattgegeben, wenn nicht qualifizierte Beschlüsse der betroffenen Fachkonferenz zur Leistungsmessung beigefügt werden.
Wie viele Fachkonferenzen pro Schuljahr?
Schon aus diesen kurzen Ausführungen wird deutlich, welche enorme Bedeutung dieses Gremium für die Entwicklung einer Schule haben kann. Es ist aber auch klar, dass die Praxis von einer Fachkonferenz pro Schuljahr dieser Bedeutung niemals gerecht werden kann.
Fachkonferenzen sind also gut beraten, sich genau die Anzahl der jährlichen Sitzungen zu überlegen. Vorgeschlagen wird hier ein Umfang vier Treffen pro Schuljahr im Umfang von zwei bis drei Stunden, also insgesamt acht bis zwölf Stunden Fachkonferenzzeit.
Außerdem macht es Sinn, die Hauptarbeitsschwerpunkte des Jahres in der letzten Sitzung des alten Schuljahres festzulegen. Mehr als drei Schwerpunkte sollten es aber nicht sein, damit sie von der Fachkonferenz in Ruhe bearbeitet und umgesetzt werden.
Es nützt wenig, wenn eine Fachkonferenz zu Anfang zehn oder mehr Schwerpunkte festlegt, aber nur einen oder gar keinen umsetzt. Das bringt Unzufriedenheit.
Viel besser ist es für das Gremium, wenn nur wenige Themen vereinbart und diese dann bis zum Ende des Schuljahres tatsächlich in die Schulwirklichkeit umgesetzt werden.
Dann werden aus den Fachkonferenzen Riesen, die nicht schlafen, sondern die aktiv in die Unterrichtsentwicklung eingreifen. Damit macht Fachkonferenzarbeit auch Spaß.
Hans-Günter ROLFF
Sorry, ich sehe erst jetzt, dass nach der Quelle eines häufigen Zitats gefragt wird. Hier ist die Antwort:
„Fachgruppen, auch Fachkonferenzen oder Fachschaften genannt, gelten als „schlafende Riesen der Schulentwicklung“ (Rolff in Kemfert/Rolff 1999, S.129), die erweckt werden müssen.
Quelle:
Rolff in: Kempfert, G./Rolff, H.G (1999): Pädagogische Qualitätsentwicklung. 5. aktualisierte und erweitere Auflage mit dem Titel Handbuch Qualität und Evaluation (2018). Weinheim und Basel: Beltz
AHS-Institut
Sehr geehrter Herr Prof. Rolff, besten Dank für den Hinweis. Ich habe ihn in den Artikel eingearbeitet.
Hans-Günter ROLFF
Hans-Günter ROLFF
29/01/2023 um 16:29
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Sorry, ich sehe erst jetzt, dass nach der Quelle eines häufigen Zitats gefragt wird. Hier ist die Antwort:
„Fachgruppen, auch Fachkonferenzen oder Fachschaften genannt, gelten als „schlafende Riesen der Schulentwicklung“ (Rolff in Kemfert/Rolff 1999, S.129), die erweckt werden müssen.
Quelle:
Rolff in: Kempfert, G./Rolff, H.G (1999): Pädagogische Qualitätsentwicklung. 5. aktualisierte und erweitere Auflage mit dem Titel Handbuch Qualität und Evaluation (2018). Weinheim und Basel: Beltz